Was ist eigentlich eine Skoliose?

Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Arten von Deformitäten der Wirbelsäule.

Neben der sogenannten Kyphose (vermehrte Rundrückenbildung z.B. M. Scheuermann oder Witwenbuckel bei osteoporotischen multiplen Wirbelkörperfrakturen oder bei M. Bechterew) ist wohl die Skoliose (Seitverbiegung bei gleichzeitiger Verdrehung der Wirbel) die bekannteste und häufigste Deformität der Wirbelsäule.

Bei der echten Skoliose, nicht schmerzbedingten Seitverbiegung, handelt es sich um eine dreidimensionale Wirbelsäulendeformität. Die Ursachen hierfür sind vielfältig.

Skoliosen werden unterteilt nach ihrer Entstehungsursache und nach ihrer Erscheinungsform.

Wodurch wird eine Skoliose hervorgerufen?

  • idiopathische Skoliosen (am Häufigsten, ca. 85% aller Skoliosen)
  • kongenitale (angeborene) Skoliosen
  • Stoffwechsel bedingte Skoliosen
  • myogene Skoliosen
  • neurogene Skoliosen
  • Skoliosen beim Marfan­Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom, bei M. Recklinghausen und weiteren

Bei den Idiopathischen Skoliosen wird die Infantile (Erstauftreten im Al­ter zwischen1 und 2 Jahren), die Juvenile (Erst­auftreten im Alter von 4 bis 6 Jahren) und die häufigste Form, die Adoleszentens­koliose unterschieden

Im Kindesalter neigen Skoliosen vor allem in den Hauptwachstumsphasen zu einer Krümmungszunahme! Aus diesem grund sollten Ver­laufskontrollen während dieser Zeit engmaschig durchgeführt werden. Dabei sollte man auch auf Zeiten größerer Wachstumsdynamik achten. Hierzu zählen der Wachstumsschub vom Säuglingsalter bis zum 6. Lebensjahr und der puberale Wachstumsschub bei Mädchen zwischen dem 10. und dem 14. Lebensjahr und bei Jungen ca. 2 Jahre verzögert.

Bleibt eine therapeutische Intervention aus, droht ein rasches voranschreiten der Skoliose!

Häufig auftretende Beschwerden

Im Kindes- und Jugendalter bereitet eine Skoliose, abhängig vom Ausprägungsgrad, in der Regel keine oder nur sehr selten auftretende Beschwerden im Sinne von Rückenschmerzen.

  • Rückenschmerzen, selten mit ausstrahlenden Schmerzen
  • Herzbeschwerden und / oder Atemnot
    Verursacht durch die Verkrümmung und dadurch bedingten Einengung des Brustkorbes
  • Sichtbare Deformität der gesamten Wirbelsäule mit z.T. Rippenbuckelbildung
  • Kosmetisches Problem

Sorgfältige Diagnose ist Grundvoraussetzung für den Behandlungserfolg

Welche Vorgehensweise im Einzelfall sinnvoll ist, hängt von der Diagnose ab. Zwar weist meist schon die Schilderung der Symptome die Richtung, Klarheit bringen jedoch oft erst bildgebende Verfahren wie Computer- oder Kernspintomographie. Wichtig ist, den Grad der Wirbelsäulenschädigung zu kennen und zu wissen, wie viele Segmente von der Einengung betroffen sind. Ebenso gilt es festzustellen, ob bereits eine Instabilität der Wirbelsäule vorliegt, ob bzw. in welchem Ausmaß knöcherne Auswüchse operativ abgetragen werden müssen oder ob die angestrebte Entlastung z.B. mit dem Einsatz eines Implantats erzielt werden kann.

Prinzipiell kann jeder Wirbelsäulenabschnitt von einer Verengung betroffen sein; der am weitaus häufigsten betroffene Bereich ist die Lendenwirbelsäule.

Wie wird konservativ behandelt?

Je nach Progredienz des Krümmungsgrades ist eine Korsetttherapie angebracht und nur im fortgeschrittenen Stadium ist eine Korrekturoperation (Spondylodese) gegeben. Wird bei gegebener Korsettindika­tion diese nicht durchgeführt oder aber eine optimale Versorgung versäumt oder verzögert, ist innerhalb von kürzester Zeit (ca. 3 Monaten) mit einer manchmal auch drastischen Krümmungs­zunahme zu rechnen. Aus diesem Grund sollte man im Hauptwachstums­schub nicht 3-6 Monate auf einen Untersuchungstermin warten. Ist die Indikation einmal gestellt worden, sollte die Versorgung mit einem entsprechendem Korsett ( Chenau-, oder Milwaukee-Korsett) zügig erfolgen.
Da es sich bei der konservativen wie auch gerade der operativen Skoliosebehandlung um ein Spezial­gebiet handelt, sollten auch nur Spe­zialisten die Behandlung übernehmen.

  • Konservative Behandlung

Skoliosen ab 10–20° sollten um ein weiteres Fortschreiten zu verhindern, mit Krankengymnastik behandelt werden. Ziel der physiotherapeutischen Übungen ist die aktive Aufrichtung der Wirbelsäule mit zusätzlicher muskulärer Stabilisation. Eine der führenden konservativen Behandlungkonzepte ist die Physiotherapie nach Katharina Schroth. Vorrangiges Augenmerk wird hier eine bewusste Haltungsschulung gelegt. Ein weiters Behandlungskonzept ist die Therapie nach Vojta. Dieser Therapieansatz basiert auf der so genannten Reflexlokomotion. Hier werden die naturgegebenen Reflexe geschult und genutzt. Aus diesem grund kommt diese Behandlungsform besonders für Säuglingen, Kleinkinder und geistig behinderte Patienten in Frage.

  • Orthesenversorgung oder auch Korsetttherapie

Skoliosen im Wachstumsalter ab 20° sollten neben der skoliosespezifischen Physitherapie mit einem redressierenden (korrigierenden) Korsett behandelt werden. Somit soll das Korsett wachstumslenkend wirken. Somit soll eine zunehmende Verschlechterung vermieden und nach Möglichkeit eine schon bestehende Verkrümmung korrigiert und gehalten werden.

Eine der bekanntesten Korsettarten ist das Cheneau-Korsett. Das Cheneau-Korsett kommt dabei meistens bei lumbalen Skoliosen zum Einsatz. Bei höher gelegenen (thorakalen Skoliosen) kommt noch gelegentlich das Milwaukee-Korsett ( mit oder ohne Halsteil) zum Einsatz. Um die entsprechende Korrekturen zu erzielen, werden in die entsprechende Korsetts so genannte Pelotten, welche einen Druck auf die jeweilige Seitausbiegung ausüben und somit zur besseren Korrektur eingearbeitet.
Um eine suffiziente Skoliose-Korsetttherapie zu erreichen ist eine enge Zusammenarbeit von Arzt, Physiotherapeuten sowie Orthopädietechniker unabdingbar. Hierbei sind engmaschige Kontrollen sowie regelmäßige Röntgenverlaufskontrollen unabdingbar.

Wie wird operativ behandelt?

  • Die ventrale Derotationsspondylodese

Dieses Operationsverfahren findet zumeist Anwendung bei Skoliosen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS). Hierbei handelt es sich um ein rein ventrales (vorderes) Verfahren. Bei der Operation gelangt seitlich zwischen den Rippen (gelegentlich wird auch eine Rippe geopfert) an die Brustwirbelsäule. Anschließend werden die Bandscheiben in dem zu operierenden und korrigierenden Abschitt entfernt. In die entsprechenden Wirbelkörper werden Schrauben eingebracht. In diese Schrauben wird ein zufort angepasster leicht biegsamer Stab eingelegt und die Korrektur durch Muttern, bis die gewünschte Korrektur erreicht ist, durchgeführt und schlussendlich festgezogen.

  • Die dorsale Distraktionsspondylodese

Dieses Operationsverfahren findet sowohl Anwendung bei rein thorakalen, also auf die Brustwirbelsäule beschränkte Skoliosen, wie aber auch bei lumbalen und kombinierten also thorako-lumbalen Skoliose. Der Zugang erfolgt hier nur von dorsal (hinten). Bei diesem Verfahren werden entweder nur Haken, welche unter den entsprechenden Wirbelbogen gebracht werden, eingesetzt und / oder Schrauben. es gibt auch die Möglichkeit ein Haken und Schraubensystem zu kombinieren.

Der Vorteil des dorsalen Verfahrens liegt auch darin, das durch das Ablösen von Rippen im Brustwirbelsäulenberich der Thorax (Brustraum) vergrößert werden kann. Das geschieht dadurch, dass die zuvor abgelösten Rippen über den zuvor eingebrachten Stab gelegt werden und somit der Brustraum deutlich vergrößert werden kann.

Der Eingriff dauert etwa 2 bis 4 Stunden und wird unter Vollnarkose durchgeführt.  Am 2. bis 3.Tag nach der Operation kann der Patient aufstehen; das mehrmonatige Tragen eines speziell angepassten Korsetts schützt vor falschen Bewegungen und dient dem festen Einwachsen der Implantate.