Schubert-Starnberg18.10.2010, 18:13 2010-10-18 18:13:29

Bericht von Benjamin Engel

Chirurgische Eingriffe hinter verschlossenen Türen waren gestern: Michael Schubert führt in Starnberg eine endoskopische Bandscheiben-OP (TESSYS Technik) vor, die live auf Leinwand übertragen wird.

Sehr viele Menschen in Deutschland leiden unter Rückenschmerzen. Meistens verschwinden die Beschwerden nach einiger Zeit wieder. In einigen Fällen strahlen sie allerdings bis ins Bein aus und verursachen heftige Schmerzen. Dann handelt es sich wahrscheinlich um einen Bandscheibenvorfall. Hier tritt Gewebe aus dem Bandscheibenzentrum in Richtung Wirbelkanal aus, drückt auf eine oder mehrere Nervenwurzeln und kann folglich chirurgisch entfernt werden. 2008 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 230.000 Menschen allein im Bereich der Lendenwirbelsäule operiert.

Michael Schubert führt in Starnberg eine endoskopische Bandscheiben-OP vor, die live auf Leinwand übertragen wird. (© Franz-Xaver Fuchs)

Zum fünften Mal führte nun die Firma Joimax (TESSYS) einen internationalen Workshop zur endoskopischen Operation von Bandscheibenvorfällen im Lendenwirbelbereich durch. Zusammen mit Ärzten entwickelte sie diese seit sieben Jahren angewandte und laufend verfeinerte Methode. Orthopäden und Chirurgen aus aller Welt von Europa bis zum Nahen Osten konnten am vergangenen Freitag zwei endoskopische Bandscheibenoperationen im Konferenzsaal des Klinikums Starnberg live per Leinwand mitverfolgen. Wirbelsäulenchirurg Michael Schubert vom Apex Spine Center in München, Mitausrichter der Veranstaltung, führte die Technik vor und stand für Fragen zur Verfügung.

Am verbreitetsten ist nach wie vor die mikrochirurgische Operation mit Hilfe eines Mikroskops. Hierzu muss allerdings ein vier bis fünf Zentimeter langer Schnitt gemacht werden, um in den Bereich der betroffen Rückenwirbel zu gelangen. Dagegen werden nur fünf Prozent aller Bandscheibenvorfälle in Deutschland endoskopisch operiert, obwohl diese Methode besonders schonend ist. Die Instrumente werden über einen nur 7,5 Millimeter breiten Kanal eingeführt. Außerdem reicht eine örtliche Betäubung aus, wodurch der Patient während der gesamten Operation ansprechbar bleibt.

Anhänger der konventionellen Praxis halten diese Behandlungsweise aber für zu riskant und lehnen sie aus diesem Grund ab. Der Würzburger Orthopäde Florian Maria Alfen, neben Michael Schubert einer der Pioniere dieser Methode, kann diese Vorwürfe nicht verstehen. So müsste seiner Ansicht nach niemand mehr offen am Rücken operiert werden, bietet diese Technik ihm zufolge doch nur Vorteile für den Patienten. Muskeln und Weichteile würden auf diese Weise geschont, keinerlei Traumen träten auf. Die Patienten können teilweise schon nach drei Stunden wieder erste Schritte machen und am nächsten Tag bereits entlassen werden, wie auch Wolfgang Kreil von der Neurochirurgie der Universität Graz bestätigte.

Verantwortlich für die schleppende Durchsetzung der endoskopischen Operationsmethode ist nach Meinung der anwesenden Chirurgen hauptsächlich die lange Anlernzeit von 20 bis 30 Eingriffen unter Begleitung und regelmäßiges Training. Florian Maria Alfen geht davon aus, dass weltweit überhaupt nur zehn Spezialisten diese Praxis auch in schwierigen Fällen beherrschen.

Die Tatsache, dass durch die konventionelle Methode mehr Geld, etwa durch das Einsetzen von Schrauben und Implantaten, verdient werden kann, spielt nach Wolfgang Ries, Gründer der Firma Joimax, ebenfalls eine Rolle. Trotzdem ist er, genauso wie die beteiligten Ärzte, vom weltweiten Siegeszug der endoskopischen Methode überzeugt, die in Südkorea schon bei 30 Prozent aller Eingriffe Verwendung finde.